Die Frühjahrsprogramme der Verlage ist voller großartiger, lesenswerter Bücher. Ich stelle meine Favoriten vor und beginne heute mit
Max Frisch: „Aus dem Berliner Journal“.
Nach 20 Jahren Sperrfrist ist dieses Tagebuch endlich uns Lesern zugänglich!
Erster Eintrag vom 6.2.1973: „Übernahme der Wohnung (Sarrazin Strasse 8) und Abend bei Grass. Nieren.“
Das Ehepaar Frisch richtet sich in Berlin Friedenau mit Hilfe von Grass und Johnson ein. Max Frisch berichtet sehr persönlich von seinen Alkoholproblemen, vom Eheleben, seinen Freunden und seiner Traurigkeit und Todessehnsucht. Aber er schreibt auch scharfsinnig über die Gesellschaft und den Literaturbetrieb. Über die Schweiz, Westdeutschland und die DDR.
Seine feinfühlige Annäherung an die Autoren im Osten Berlins hat mich schwer beeindruckt. Spannend und aufregend sind die Besuche bei Wolf Biermann und Christa Wolf. Frisch verhält sich als Schweizer zum geteilten Deutschland sehr differenziert und er wundert sich offen über die Verhältnisse.
Das Berliner Journal ist ein großer literarischer Schatz und ein wichtiges Zeugnis deutsch-deutscher Geschichte.
Leider hat die Max-Frisch-Stiftung Kürzungen am Originaltext vorgenommen, was mich sehr ärgert. Aber dennoch: Es ist ein großartiger Lesestoff.
Max Frisch: „Aus dem Berliner Journal“, Suhrkamp Verlag, gebunden, 235 Seiten, 20 Euro.