Shades of Grey „Geheimes Verlangen“ und was ich dazu zu sagen hätte …
(…) 50 Shades of Grey lautet der englische Originaltitel, die 50 hat der deutsche Verlag (Goldmann – Lesen erleben) gegen den Untertitel „Geheimes Verlangen“ eingetauscht, die Krawatte auf dem Titelbild gegen eine Blüte, die offenbar weibliche Sinnlichkeit symbolisieren soll. Die Protagonistin plappert von Seite 7 bis Seite 602 ebenso unentwegt wie dämlich vor sich hin, schließlich hat sie uns ihre außerordentlich aufwühlende Geschichte zu erzählen. Der Protagonist kann endlich mal die Zähne zeigen, ohne ein Vampir zu sein, er ist einfach nur ein ganz normalsterblicher Mann: extrem gut aussehend, schwer reich, großer Schwanz, immer bereit, arrogantes Arschloch – und auch sonst ein Typ, von dem sich eine naive Jungfrau gern kurz mal die Unschuld rauben und nach Unterschreiben des mehrseitigen Sklavenvertrags etwas später auch fast freiwillig ausdauernd versohlen lässt.
Keine Angst, dies wird kein Spoiler, es kann gar keiner sein, denn wesentliche Spannungsmomente habe ich nicht entdecken können. Eindimensionale Charaktere, denen die Autorin krampfhaft mehr Tiefe verleihen möchte, was aber nicht gelingt. Der fiese arrogante Sack ist eigentlich ein netter Kerl und hatte wahrscheinlich eine schwere Kindheit, Genaueres werden Band 2 und 3 zum Vorschein zerren. Die unbedarfte Ex-Jungfrau ist ja eigentlich total intelligent, schließlich liest sie als Literaturstudentin auch Thomas Hardy. Leider hindert sie das nicht daran, gefühlte 100 Mal Dialoge mit ihrer jauchzenden „inneren Göttin“ zu führen, beim Orgasmus ständig in 1000 Stücke zu zerbersten und obendrein sehr zum Missfallen von Master-of-her-Universe Grey beharrlich an ihrer Unterlippe zu kauen, woraufhin er – es scheint ein Schlüsselreiz und Teil seines Kindheitstraumas zu sein – sofort Sex haben möchte. Oder peitschen oder so was.
Auf der typischen Sterne-Skala von 1 bis 5 würde ich der faden Story um die graue Maus Anastasia und ihren schwarzen Schwänerich Christian nur deshalb üppige zwei Sterne spendieren, weil das Buch unfreiwillig komisch und darum doch irgendwie amüsant ist. Ohne es zu wissen – es ist wirklich nur eine Vermutung – neige ich dazu zu glauben, dass auch die SM-Szene das Werk indiskutabel findet. In der Zusammenfassung ist es nicht ergiebiger als eine Endlosschleife „Master and Servant“, von der britischen Band Depeche Mode bereits 1984 thematisiert.
„There’s a new game
We like to play you see
A game with added reality
You treat me like a dog
Get me down on my knees
We call it master and servant.”
Text und freundliche Genehmigung : Reimerlei/Manuela Sanne